Das Wesentliche in aller Kürze:
Vermieter sind nach einer umfangreichen Modernisierung ausnahmsweise nicht an eine geltende Mietpreisbremse gebunden, wenn die Modernisierung einen Umfang aufweist, der eine Gleichstellung mit einem Neubau gerechtfertigt erscheinen lässt.
Aber Achtung: seit dem 01.01.2019 gilt auch für solche Fälle: Der Vermieter muss vor dem Mietvertragsabschluss auf diese Ausnahme hinweisen, sonst kann er zwei Jahre lang doch nur die Höchstmiete verlangen, die die Mietpreisbremse zulässt.
Zum Fall :
(zitiert nach BGH, Urteil vom 11.11.2020 – VIII ZR 369/18, Rn. 1-3)
"Die Kläger sind seit dem Jahr 2016 Mieter einer 85,65 m2 großen Wohnung der Beklagten in Berlin. Die vertraglich vereinbarte Nettokaltmiete beträgt 1.199 € (= 13,99 €/m²). Mit dem Vormieter war eine Nettokaltmiete von 485 € vereinbart. Während des Wohnungsleerstands ließ die Beklagte umfangreiche Arbeiten an der Wohnung durchführen. So wurden die Elektrik erneuert, die vormals über dem Putz gelegenen Heizungsrohre in den Fußboden verlegt sowie in Küche und Bad Fliesen und in den übrigen Räumen Parkett verlegt; schließlich wurden die sanitären Anlagen im Bad erneuert, und (erstmals) eine Küche eingebaut.
Mit Schreiben vom 28. Mai 2016 rügten die Kläger gegenüber der Beklagten hinsichtlich der vermieteten Wohnung einen Verstoß gegen die Vorschriften zur Begrenzung der Miethöhe (§§ 556d ff. BGB), da die Nettokaltmiete zu Beginn des Mietverhältnisses die - bei Annahme einer ortsüblichen Vergleichsmiete von 748,58 € (= 8,74 €/m2) - zulässige Höchstmiete gemäß § 556d BGB um mehr als 10 % überschritten habe. Die Kläger verlangten in dem genannten Schreiben außerdem Auskunft über die aufgewandten "Sanierungskosten", um überprüfen zu können, ob die vereinbarte höhere Miete durch diese gerechtfertigt sein könnte, und kündigten die Fortzahlung der vollständigen Miete unter dem Vorbehalt der Rückforderung an.
Mit der vorliegenden Klage nehmen die Kläger die Beklagte auf Rückzahlung eines nach ihrer Auffassung die zulässige Höchstmiete übersteigenden Betrags von insgesamt 2.253,36 € für die Monate Juni 2016 bis November 2016 nebst Zinsen in Anspruch; darüber hinaus begehren sie die Feststellung, eine über den nach § 556d Abs. 1 BGB zulässigen Betrag hinausgehende Miete nicht zu schulden."
Die Lösung:
Die Vorinstanzen haben der Klage stattgeben, der BGH hat die Entscheidungen aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückgewiesen. Seiner Auffassung nach kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass die Beklagte sich vorliegend nicht auf eine Ausnahme von der Mietpreisbremse berufen darf.
So führt der BGH zu den Details der Ausnahme aus:
(zitiert nach BGH, Urteil vom 11.11.2020 – VIII ZR 369/18, Leitsätze)
"1.
Eine Modernisierung von Wohnraum ist umfassend im Sinne des § 556f Satz 2 BGB, wenn sie einen Umfang aufweist, der eine Gleichstellung mit einem Neubau gerechtfertigt erscheinen lässt.
Dies ist dann der Fall, wenn die Modernisierung einerseits im Hinblick auf die hierfür angefallenen Kosten einen wesentlichen Bauaufwand erfordert und andererseits wegen der mit ihrem tatsächlichen Umfang einhergehenden qualitativen Auswirkungen zu einem Zustand der Wohnung führt, der demjenigen eines Neubaus in wesentlichen Teilen entspricht.
Beide Prüfungskriterien sind dabei von grundsätzlich gleichem Gewicht.
2.
Ein im Rahmen des § 556f Satz 2 BGB zu prüfender wesentlicher Bauaufwand liegt vor, wenn er (mindestens) ein Drittel des für eine vergleichbare Neubauwohnung erforderlichen finanziellen Aufwands - ohne Grundstücksanteil - erreicht.
In die Berechnung des wesentlichen Bauaufwands dürfen lediglich Kosten einfließen, die aufgrund von Modernisierungsmaßnahmen im Sinne des § 555b BGB angefallen sind. Kosten für (reine) Erhaltungsmaßnahmen im Sinne des § 555a Abs. 1 BGB zählen hierzu nicht.
Werden im Zuge der Durchführung von Modernisierungsmaßnahmen im Sinne des § 555b BGB Erhaltungsmaßnahmen im Sinne des § 555a Abs. 1 BGB miterledigt, ist bei der im Rahmen des § 556f Satz 2 BGB erforderlichen Bestimmung des wesentlichen Bauaufwands ein (zeitanteiliger) Abzug der angefallenen Kosten insoweit vorzunehmen, als Bauteile oder Einrichtungen der Wohnung, die zwar noch nicht mangelhaft, aber bereits über einen erheblichen Anteil ihrer Lebensdauer (ab)genutzt sind, durch solche von besserer Qualität ersetzt werden (sog. modernisierende Instandsetzung; im Anschluss an BGH, Versäumnisurteil vom 17. Juni 2020 - VIII ZR 81/19, NZM 2020, 795 Rn. 36 ff.).
3.
Bei der Prüfung der qualitativen Auswirkungen der Modernisierungsmaßnahmen, ist von maßgebender Bedeutung, ob die Wohnung durch die Arbeiten in mehreren - nicht notwendig allen - wesentlichen Bereichen (insbesondere Heizung, Sanitär, Fenster, Fußböden, Elektroinstallationen beziehungsweise energetische Eigenschaften) so verbessert wurde, dass die Gleichstellung mit einem Neubau gerechtfertigt ist."